Von ihrer eigenen Resilienz wachgeküsst

Hier ein Auftrag, da ein Engagement, hier noch schnell ja gesagt und dort einspringen – die Liste ist lang und wird jeden Tag etwas länger. Wozu?
Den Alltag finanzieren, die Familie durchbringen, den Kindern den besten Weg ermöglichen, das große Ganze sichern. Innendrin der ewig klingende Ruf, das Beste zu geben, perfekt zu sein und vor allem durchzuhalten. Bis es knallt.

So erleben es immer mehr Menschen und auch Andrea Scherkamp war nicht davor gefeit, dass es zu viel wurde. Zu diesem Zeitpunkt baute sie mit ihrem Ehemann gerade ein altes Haus in Eigenarbeit um, ein Kind war zwei Jahre alt, das zweite kam fast auf der Baustelle zur Welt.
In der einen Hand das Telefon und den Rechner, in der anderen ein Bau-Werkzeug, balancierte Andrea auf der Slackline des Alltags. Ohne Netz und doppelten Boden und mit der ständigen Angst, abzustürzen, das Haus zu verlieren und mit der Familie hart aufzuschlagen. Einzig ihre optimistische Grundhaltung schenkte ihr Tag für Tag den Mut und die Kraft, weiter durchzuhalten.

Die Klarheit über ihre Situation und Lage traf Andrea wie der Blitz während Ihrer Coach-Ausbildung. Nicht wissend, was kommen würde, aber in der absoluten Gewissheit, dass das ein Lebenswendepunkt war, stand sie vor der Herausforderung, diese Situation anzunehmen, um Wege zu finden wieder aufzutauchen aus dieser Krise.

Doch vor Auftauchen und Luftholen galt es noch das (unfertige) Haus zu verkaufen, viele Konflikte zu klären, die Mutter im Sterbeprozess zu begleiten und noch ein paar weitere „Prüfungen“ zu bestehen. Hilfe bekam sie in dieser Zeit von Menschen, die ihr nahe standen.

Ihr Ex-Mann bot ihr ein Dach über dem Kopf, als sie selbst keines mehr hatte, Kollegen übernahmen Aufträge, die sie durch den Sterbeprozess und Tod der Mutter nicht mehr abarbeiten konnte. Und ein Freund bot ihr einen Arbeitsplatz in einer Bürogemeinschaft an, deren Gemeinschaft ihr neuen Mut schenkte und sie Tag für Tag aufrichtete.

Die eigene Wohnung war der Beginn des Wegs nach oben zum langersehnten Aufatmen. Heute hat sie ihre Heimat nahe der Berge am Staffelsee gefunden, samt ihrem Lebens-Gefährten, den Kindern und dem Ex-Mann. Ihre innere Heimat ist der Sinn, den sie für ihr Leben gefunden hat: Menschen berühren und bewegen.